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Brandenburg a. d. Havel

Brandenburg ist mit über 72.000 EinwohnerInnen die nach Einwohnern drittgrößte Stadt im gleichnamigen Bundesland. Flächenmäßig übertrifft die Stadt aufgrund der vielen im Stadtgebiet eingeschlossenen Gewässer alle anderen Städte im Bundesland bei weitem. Die Geburtsurkunde der Havelstadt wird nicht ganz unumstritten auf 948 datiert. Ebenfalls nicht unwidersprochen ist die Ansicht einiger Historiker geblieben, Brandenburg an der Havel habe Berlin dereinst das Stadtrecht verliehen.

Historisch betrachtet ist Brandenburg eine der „europäischsten“ Städte des Landes. Slawische Heveller, Juden und Hugenotten siedelten in und um die Stadt und nahmen maßgeblichen Einfluss auf deren Entwicklung. Napoleon eroberte „die Wiege der Mark Brandenburg“ 1806 und musste 1808 wieder abziehen. Und im April 1945 befreite die Rote Armee die Havelstadt aus den Händen der deutschen Faschisten. Alle hinterließen ihre Spuren in der Stadt.

Zudem unterhält die Geburtsstadt Vicco von Bülows alias Loriot mehrere Städtepartnerschaften zu europäischen, aber auch asiatischen Städten und Gemeinden, unter anderem zu Kaiserslautern, Ivry-sur-Seine (Frankreich), dem dänischen Ballerup, Magnitogorsk (Russland) und zu Ra´anana (Israel).

Heute beherbergt die Stadt die im Bereich Informatik und Medien renommierte Technische Hochschule Brandenburg und seit 2014 die Medizinische Hochschule Brandenburg. Die Stadt ist Sitz des Brandenburgischen Oberlandesgerichtes. 2021 wird das Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten neu angesiedelt werden.

 

Wisst ihr, ...

dass Brandenburg bis 2004 noch an der östlichen Außengrenzen der EU lag? Am 1. Mai 2004 traten unter anderem Polen und Tschechien der EU bei. Die Zusammenarbeit mit dem Nachbarland Polen hat im Land Brandenburg Verfassungsrang. Polnische StaatsbürgerInnen sind seit langem die größte ausländische Gruppe. Ende 2018 wohnten 20.000 Polinnen und Polen in der Mark. Schätzungsweise 13.000 Menschen pendeln von Polen Brandenburg.

dass die Bundesgartenschau 2015 erstmal an eine ganze Region vergeben wurde und unter dem Motto „Das blaue Band der Havel“ die Havelanrainer Brandenburg, Premnitz, Rathenow, Rhinow/Stölln und Havelberg umfasste. Die Domstadt Brandenburg an der Havel bot dabei den südlichen Ausgangspunkt der BUGA Kulisse. Aus europäischen EFRE Mitteln wurden anlässlich der Gartenschau Kinderspielplätze und Parks in der Stadt herausgeputzt und umgestaltet. Viele öffentliche Plätze, z.B. der Packhof, das Salzhofufer und die St. Johannis Kirche, wurden aufgewertet, das Stadtbild nicht nur für TouristInnen attraktiver und grüner gestaltet.

dass die Europäische Route der Backsteingotik die Stadt quert und mit dem Altstädtischen Rathaus, dem Dom St. Peter und Paul, der St.-Katharinen-Kirche und dem St.-Pauli-Kloster gleich vier Bauwerke der Stadt Teil der zu bewundernden, rot leuchtenden Backsteingotik sind.

dass die Technische Hochschule Brandenburg einen aus ESF Geldern kofinanzierten Gründerservice unterhält, der AbsolventInnen der Hochschule bei der Gründung eines eigenen Unternehmens unterstützt. Das Projekt ist Teil des Zentrums für Gründung und Transfer – die zentrale Anlaufstelle für angehende UnternehmerInnen. Das Zentrum versteht sich dabei als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.

… dass die Stadt sportlich schon Mitte der Achtziger Jahre auf geeint europäischen Spuren wandelte als die Amateurfußballer der Betriebssportgemeinschaft Stahl Brandenburg zur allgemeinen Überraschung nicht nur die nationale Qualifikation für den Europapokal schafften, sondern dort auch erst vom späteren Europapokalsieger IFK Göteborg gestoppt werden konnten.

Europa in Brandenburg
www.eu-fonds.brandenburg.de/startseite.html

 
 

Interview

Uwe Prüfer leitet die Geschäftsstelle von VENROB – dem Verbund Entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen in Brandenburgs e.V.. Seit langer Zeit engagiert er sich für die Vernetzung der entwicklungspolitischen Initiativen und entwicklungspolitische Bildungsangebote im Land Brandenburg. Dabei vertritt VENROB die Brandenburger Standpunkte in entwicklungspolitischen Debatten z.T. auch auf Bundesebene.

Über Europa sagt er: „Europa ist für mich eher etwas sehr Vielfältiges als ein Ganzes. Mein langjähriges entwicklungspolitisches Engagement beeinflusst meinen kritischen Blick auf die Europäische Union.“

Was ist Ihnen vom 3. Oktober 1990 besonders in Erinnerung geblieben?

Das schöne Herbstwetter in Potsdam! Es hat sogar zum Baden mit Freunden und Freundinnen im Heiligen See gelockt. Was vermutlich auch eine Möglichkeit gewesen ist, diesem sich noch eigenartig anfühlenden, in seinen Konsequenzen nicht überschaubaren Tag mit seinem für mich ungewohnten schwarz-rot-goldenem Pathos etwas Cooles entgegenzusetzen. Den Nachmittag haben wir im bzw. vor dem Aktionsladen Zweidrittelwelt bei der Französisch-Reformierten Gemeinde Potsdam verbracht– so der Name damals. Fairen Kaffee – damals Novum in der Stadt - schlürfend, haben mit vorbeischlendernden Leuten gesprochen bzw. wohl eher agitiert, dass über die deutsche Wiedervereinigung nicht die Probleme der Welt wie Armut, Hunger, Kriege usw. vergessen werden sollten.

Fühlen Sie sich als Teil der europäischen Gemeinschaft? Wann haben Sie sich zum ersten Mal als Teil gefühlt?

Offen gesagt, fühle ich mich emotional nicht als Teil einer wie auch immer gearteten europäischen Gemeinschaft. Diese ist für mich nichts Ganzes und nichts Halbes. Ich bin ein Mensch, und damit bin ich Weltbürger, ohne sofort an das dahinterstehende Konzept zu denken. Und ich fühle mich als Potsdamer, obwohl ich nicht in dieser Stadt geboren wurde. Nur manchmal fehlen mir die Thüringer Berge meiner Kindheit. Potsdam ist mein Lebensort, der seit rund 35 Jahren und vor allem jetzt meinen Alltag prägt.

Zur den mehr rationalen Aspekten der Fragen: Nachhaltige Entwicklung, Zukunftsfähigkeit, Enkeltauglichkeit oder wie auch immer wir die Überlebensstrategie der Menschheit nennen – und inzwischen geht es schlichtweg um eine solche – das lässt sich nur global denken und bewerkstelligen. Begreifbar und mit realistischen Handlungsoptionen versehen werden kann es für das Individuum nur im lokalen Raum: das ist ein immenser Spannungsbogen.

Was können die neuen Bundesländer, was kann Brandenburg heute in der EU beitragen?

Ich wünsche mir ein friedliches, demokratisches, ökologisches und weltoffenes Europa. Das hat bisher die EU nicht geschafft. Daran mitzuarbeiten sehe ich natürlich auch als Aufgabe der ostdeutschen Länder inklusive Brandenburgs. Einen besonderen Wert dabei könnte das Einbringen derjenigen Erfahrungen sein, die in den Transformationsprozessen seit der „Wende“ gemacht worden sind, die positiven wie die leidvollen. Oder noch weiter zurückgeblickt; Brandenburg und seine polnischen Nachbarn haben eine sehr wechselvolle Geschichte miteinander. Daraus gibt es viel zu lernen. Ich bin kein EU-Experte, glaube jedoch mein Eindruck täuscht nicht, dass heutzutage das nachbarschaftliche pragmatische Miteinander entlang der Oder besser funktioniert als deutsch-polnisches Aufeinandertreffen in Brüssel.

Von Nöten ist m. E. ein Europa der Regionen, die gleichberechtigt zusammenarbeiten, vieles in Selbstverwaltung regeln und nur wenige Kompetenzen an zentrale europäische Organe delegieren, vor allem in der Friedens-, Sicherheits- und Außenpolitik. Sich dafür einzusetzen und sich nationalistische Tendenzen in Europa zu widersetzen, wünsche ich mir als einen zentralen Pfeiler der Brandenburger Europapolitik.

Wie gelingt ein solches Einbringen, wenn Ostdeutsche in relevanten Führungspositionen der Wirtschaft, Politik oder Wissenschaft bis heute nur marginal, in der Judikative überhaupt nicht integriert sind? Was sind die Gründe für diese Unterrepräsentanz?

Über die für mich offensichtlichen Gründe ist im Zusammenhang mit dem 30. Jahrestag der staatlichen Einheit mehr geschrieben worden als in den Jahren zuvor. Welche Defizite diese Nichtintegration zur Folge hat, lässt sich wohl u.a. an Wahlergebnissen in Ostdeutschland ablesen, gleichwohl das immer differenziert betrachtet werden muss.

Das seit 30 Jahren verschleppte Thema halte ich allerdings insofern für nachlassend relevant, dass bald eine neue Generation das Steuer, übernehmen wird, für die Ost-West-Herkunft keine so wichtige Frage mehr ist. Sozialisationen laufen heute oft anders. Da sorgt mich diesbezüglich mehr, dass in den politischen Parteien viel Stromlinie erkennbar ist.

Für Brandenburg habe ich es für vorteilhaft empfunden, dass es seine Ministerpräsidenten nicht „importiert“ hat. Bei der nächsten Wahl zum Landtag hätten heimische Spitzenkandidatinnen zumindest schon mal ein paar Pluspunkte bei mir!

Gibt es für die Menschen zu wenig Gelegenheit, mit europäischen Themen in Kontakt zu kommen? Und woran könnte das ggf. aus Ihrer Sicht liegen?

Ich denke nicht, dass es eine Mangel an Gelegenheit gibt. Natürlich gibt es diesbezüglich gewaltige Unterschiede zwischen jungen ERASMUS-Studierenden aus Mittelschichtsfamilien und z.B. Alleinerziehenden mit stressigen Jobs, deren freies Zeitbudget knapp ist und deren Dumpinglöhne gerade so für steigende Mieten und die Alltagsausgaben reichen. Politische Bildung mit ihren klassischen Veranstaltungsformaten muss sich auch ganz ohne Corona-Pandemie umstellen. Damit meine ich nicht, dass es nur noch digital laufen sollte. Es gibt z.B. eine Vielzahl von Städtepartnerschaften innerhalb Europas, sehr vielfältig, jede mit eigenem Profil. Diese mit mehr Ressourcen auszustatten, damit sie u.a. Begegnungen ermöglichen, die auch thematisch begleitet werden können, wäre ein Ansatz, Europa erfahrbarer zu machen.

Europäische Themen stecken ja nicht zuletzt in vielerlei Kultur. Also simpel mal arte einschalten statt Soaps und Reality TV – das würde bei einigen für den Anfang reichen.

„Projekt“ finde in diesem Zusammenhang ein durchaus zwiespältiges Wort. Einerseits passend, denn es beinhaltet das Visionäre und das Selber-Anpacken. Gleichzeitig problematisch, weil Projekte Zeitbegrenzung unterliegen und als etwas Technisches-Geplantes daherkommen. Es geht aber bei Europa um lange Zeiträume und eigentlich wird das Projekt nie abgeschlossen sein, denn nachfolgende Generationen müssen sich ihre Identifikation damit neu erarbeiten.

Ein positives Projekt ist für mich etwas, was meinen Interessen und Träumen nahekommt, ohne den Bezug zu meinem Alltag zu verlieren. Wenn ich darin keine Selbstwirksamkeit erfahren kann, weil nur Andere das Projekt bestimmen, wird der positive Bezug ausbleiben. Es wird also sehr darauf ankommen, ob die EU offen dafür ist und wie es ihr gelingen wird, diese Wirksamkeit des Einzelnen, seine Beteiligung und Mitbestimmung angemessen zu ermöglichen. Denn Wahlen können da nur eines von vielen Mitteln sein. Dafür müssten die EU-Institutionen zunächst noch stärker in die reale Kommunikation mit den Menschen vor Ort gehen, auch in Brandenburg.

Beratung und Information rund um die EU in Brandenburg a. d. Havel

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